MAINZ. Im Ausschuss Arbeit, Soziales, Pflege und Transformation ist die Schwerpunktaufteilung der einzelnen Fraktionen recht deutlich definiert. Das Thema Pflege haben hier in den Ausschüssen in der Mehrheit die CDU und die SPD besetzt. Da bin ich doch heilfroh darüber, dass ich in Sachen Gemeindeschwester Plus den ein oder anderen wichtigen Akzent setzen konnte.
Hierbei war und ist es mir und den Freien Wählern wichtig, dass Menschen mit Berufserfahrung im Pflegebereich die aufgrund einer berufsbedingten Erkrankung diesen nicht weiter ausüben können, einen schnellen und einfachen Umstieg zur Gemeindeschwester Plus ermöglicht bekommen. Dieses Engagement findet sich dann auch im aktuellen Haushalt wieder. Im Vorwort zu Kapitel 06 02 im zweiten Absatz werden die Schwerpunkte genannt. Einer davon ist die Bekämpfung der Langzeitarbeitslosen, insbesondere des Leistungsbezuges durch die Erhöhung der Beschäftigungsfähigkeit von am Arbeitsmarkt besonders benachteiligten Personengruppen. Eine Pflegefachkraft die einen harten Job über Jahrzehnte ausübt, wird irgendwann körperlichen Verschleiß erleiden. Ein Bandscheibenausfall ist oftmals das Aus für den ausgeübten Beruf. Doch wohin mit einer Berufserfahrung die nun in einem Beruf nicht weiter ausgeübt werden kann. Die Umgliederung einer Pflegefachkraft zur Gemeindeschwester Plus sollte hier die Devise sein. Da kann ich mich als Neuling im Landtag bei Herrn Schweitzer nur bedanken, dass das Einbringen der Freien Wähler im Haushalt berücksichtigt ist.
Doch neben Soziales und Pflege stehen noch Arbeit und Transformation.
Meine Damen, meine Herren, lassen sie uns eine kleine Zeitreise in das Jahr 1962, um genau zu sein zum 17. Januar 1962. Der Tag an dem die ersten italienischen Gastarbeiter in Wolfsburg bei Volkswagen eintrafen. Seitdem sind in die rund 60.000 Italiener mit ihren Familien in die Stadt gezogen. Deutschland – und damit auch Rheinland-Pfalz – waren und sind schon immer durch Migration geprägt. Die offene und gesellige Art der Pfälzer macht unsere Heimat zu einem perfekten Lebensort für Zuwanderer und Heimatlose. Diese Fähigkeit, die uns allen in die Wiege gelegt wird, müssen wir heute in der Not aller Vertriebenen zu einer Tugend machen. Lassen sie uns gemeinsam aus Flucht vor Krieg, in eine sichere Heimat transferieren. Der Arbeitsmarkt und der Fachkräftemangel muss einer Transformation unterliegen, die es den Menschen, die aus Not zu uns kommen erlaubt, einen sicheren Hafen, eine Arbeit, eine Bleibe und neue Freunde bietet.
Kinder brauchen einen Schulplatz und Bildung damit ihre Zukunft nicht verbaut ist.
Es wird ihnen Minister Schweitzer und ihrem Ministerium viel Arbeit kosten, um diese Transformation in einen Reibungslosen Prozess zu etablieren. Ich wünsche ihnen auf diesem Weg gutes Gelingen. Wir Freien Wähler werden diesen Weg kritisch und mit konstruktiver Kritik begleiten und darüber hinaus uns einbringen damit der Wohlstand in Rheinlandpfalz stetig verbessert wird.
Transferieren müssen wir unser Verständnis für die Belange der großen und kleinen Gewerbetreibenden, die KMU`s, die Bildungseinrichtungen und selbstverständlich auch die privaten Haushalte. Alle eben genannten haben das ein und gleiche Problem. Die Digitalisierungsoffensive des Landes Rheinland-Pfalz. Und als die Digitalisierung vor der Tür stand, raunten viele, dass sich bei ihrer Umsetzung große Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt ankündigen würden. Die Befürchtungen waren, dass Arbeitsplätze massenhaft verloren, viele Menschen keine neue Beschäftigung finden und generell die Chancen mindestens den Risiken gleichauf gegenüberstehen würden. Diese Befürchtungen haben sich nicht bestätigt. Das Gegenteil ist der Fall. Die Digitalisierung bringt mehr neue Arbeitsplätze zum Vorschein, als sie Arbeitsplätze schreddert.
Die Corona-Krise hat uns aber gezeigt, dass wir in Sachen Netzinfrastruktur zu lange geschlafen haben. Dank einer großen Förderung durch Bund und Länder wurde viel erreicht – und es muss noch viel mehr erreicht werden! Das durch die Krise beschleunigte voranschreiten der Digitalisierung in der Arbeitswelt hat diese auf verschiedene Weise verändert. Durch digitale mobile Endgeräte und Laptops sind Beschäftigte häufiger mobil und dabei in der Lage digital arbeiten zu können. Hier sind vor allem die Umstellungen und Etablierung von Telearbeitsplätzen und Homeoffice zu nennen. Vor der Krise war Homeoffice die Ausnahme, kaum eine Firma setzte auf dieses Modell. Zwei Jahre in der Pandemie haben gezeigt, dass mehr und auch größere Firmen nun wesentlich weniger Büroflächen mieten wollen, diese sogar verringern und vermehrt auf Telearbeit und das Homeoffice setzen. Die Privatwirtschaft hat die wichtigen Potenziale der flexiblen Arbeitsformen durch das mobile Arbeiten, die bessere und erhöhte Flexibilität der Beschäftigten erkannt und verbessert dadurch nun die Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Durch das digitale mobile Arbeiten, ergänzt durch digitale Fortbildungen, Onlinemeetings, Video – oder Telefonkonferenzen werden viele Dienstfahrten fast überflüssig. Durch die Reduzierung des Dienstreiseverkehrs kann hier ein Beitrag zum Erreichen der Klimaschutzziele des Landes geleistet werden. Hier sollten wir digitale Formate auf ihre Nachhaltigkeit überprüfen und deren Einsatz und Entwicklung weiter in Rheinland-Pfalz zu fördern. Das Land sollte hier den Kommunen und Gemeinden beratend zur Seite stehen bei Problemen in der Umsetzung auch in den Behörden. Auch das Angebot der Aufklärung für neue Technologien sollte erweitert werden.
Aber auch bei uns selbst, sollten wir ansetzen. Neben den vielen Möglichkeiten der digitalen Welt bieten sich auch Risiken. An der Cybersicherheit arbeiten wir bereits aktiv. Dennoch sollten bei der Anschaffung von neuer Software die Beschaffungswege und die Überprüfung der Anschaffung schneller und kritischer durchgeführt werden. Als Negativbeispiel nenne ich die Anschaffung der Luca-App, die viel versprach, wenig hielt und dafür sehr viel Steuergeld kostete. Ungefähr waren das 1,7 Millionen Euro, die wir an anderer Stelle besser hätten ausgeben können. Die Gesundheitsämter nutzen die Daten der App selten bis überhaupt nicht. Im Ausschuss für Digitalisierung wurde uns Freien Wählern mitgeteilt das sage und schreibe 0 bis 5 Kontakte pro Gesundheitsamt mit Hilfe der App nur ermittelt wurden. Bei 1,7 Mio. Euro Kosten bedeutet das pro Kontakt mindestens Ausgaben von 14.167€!
Der Zeitgewinn war so groß, dass Ermittler in den Ämtern lieber darauf verzichteten. Auch die Datensicherheit war nach Experten eine Katastrophe. Der Wunsch eine schnelle Lösung für das Problem der überlasteten Gesundheitsämter zu finden war größer, als günstigere und aus Datenschutzperspektive, bessere Alternativen zu prüfen. Einheitsschritt statt Innovation war die Parole! Auf eigene Prüfung vor der Anschaffung hätte man nicht verzichten sollen ja dürfen! Und wir haben hier noch nicht die weiteren Kosten überhaupt erfasst. Wie viele Arbeitsstunden hat es gekostet die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in den Gesundheitsämtern mit dem noch teils in Entwicklung befindlichen App einzuarbeiten? Zeit die uns bei der Pandemiebekämpfung gefehlt hat. Die Gesamtkosten dieser Anschaffung, eine einfache Kosten- Nutzenrechnung, wie sie jeder zu Hause macht bevor er sich etwas teures anschafft, wurde bis heute nicht vorgelegt, obwohl wir Freien Wähler mehrfach im Ausschuss für Digitalisierung dazu Fragen gestellt haben.
Mehr Personal an dieser Stelle hätte uns allen geholfen andere Lösungen zu finden als eine App, die lediglich ein Gefühl von Sicherheit in einer akuten Krise vermitteln sollte. Dazu hatte meine Fraktionskollegin Jeckel mehrfach kritische Anfragen und Berichtsanträge für unsere Fraktion an die Landesregierung und im Ausschuss für Digitalisierung gestellt. Sie wird sich bestimmt zu dem Thema sich nochmals äußern. Diese Ausgaben und die weiteren dahinter werden uns also noch an anderer Stelle beschäftigen und wir Freien Wähler freuen uns darauf!
An anderer Stelle wird die Mediennutzung uns in Zukunft beschäftigen. Diese wird im Bildungssektor eine größere Rolle spielen. Bei Fortbildungen, an den Universitäten, Schulen und generell bei Meetings in allen Bereichen hat sich gezeigt, dass uns die plötzliche Umstellung auf digitale Arbeitswelten und Medien im Allgemeinen teilweise kalt erwischt hat. Wir sollten den Umgang mit Medien im 21. Jahrhundert als eine vierte Kernkompetenz akzeptieren und mit dieser Realisierung diese als einen essenziellen Baustein der persönlichen Entwicklung erkennen. Nur der bewusste Umgang mit allen Arten verfügbarer Medien bringt mündige und selbstbewusste Menschen hervor, die sich in der modernen digitalisierten Welt sicher bewegen und diese mitgestalten können.
Wie ich bereits die Fraktionskollegin Jeckel in ihrer letzten Rede zum Breitbandausbau ihnen sagte:
Bei allen guten Nachrichten sind wir in Deutschland und damit auch in Rheinland-Pfalz immer noch nicht dort angekommen, wo wir aus unserem Selbstverständnis sein wollen: nicht im Mittelfeld bei der Digitalisierung und der Netzinfrastruktur. Wir wollen kein abgehängtes Land mit lahmem Internet oder schlechtem Mobilfunkempfang sein – sondern Vorne an der Spitze stehen.
Die Fördermittel also zu gewährleisten und auch weiter aktiv zu bewerben bei den bisher noch nicht ausgebauten Kommunen ist nicht nur notwendig, sondern zwingend erforderlich.
Hierzu füge ich gerne aus aktuellem Anlass hinzu: Wir wollen kein Land sein, wo Kinder und Jugendliche, Beamte in den Ämtern und Behörden weiterhin auf auslaufende Arbeitsformen setzen. Das Faxgerät z.B. leistete in den 90er Jahren gute Dienste, aber wir sind technologisch wesentlich weiter. Die Behörden warten doch aktiv auf die Möglichkeit moderne Technik verwenden zu können. Die Bedarfsermittlung, die Prüfung der Anschaffung, die Kosten-Nutzenerstellung und dann die praktische Umsetzung muss schneller und vor allem sinnvoller erfolgen. Ich erinnere hier nochmal kritisch an die Anschaffung der LucaApp.
Allein im Koalitionsvertrag die Worte „Zukunft“ und „Innovation“ inflationär zu verwenden, schafft nicht mehr als Druckerpatronen zu leeren.
Wir wollen nicht, dass es in unserem Land dazu kommt, dass wir nur danebenstehen während andere den digitalen Arbeitsmarkt aktiv gestalten oder die digitale Welt entdecken und für sich einnehmen. Wer nicht aktiv gestaltet wird gestaltet werden! Also lassen sie und endlich selbst gestalten!
Die Landesregierung spricht gerne von Rheinland-Pfalz als Hochtechnologieregion, dabei kann man nicht einmal von Mainz und Ludwigshafen in der Bahn sitzen ohne sein Gespräch viermal neu zu beginnen. Das liegt nicht an dem guten Service in der Bahn, oder der schönen reizvollen Aussicht, es liegt an den vielen Funklöchern auf der Strecke!
Wie können sie glauben, dass wir Rheinland-Pfalz als Technologiestandort stärken können, wenn bei der Durchreise wir nicht einmal den Datenaustausch und die Erreichbarkeit im ländlichen Raum gewährleisten können? Weitere Mittel für den Breitbandausbau, die Sicherstellung der Erreichbarkeit für Funk- und Internetnutzung im ländlichen Raum, die Beteiligung bei der Erforschung neuer Technologien und Beratung für die Kommunen beim Ausbau derselben, dass sind die Ausgabenfelder welche Innovation ermöglichen in und für Rheinland-Pfalz.
Statt leerer Druckerpatronen und Worthülsen, wollen wir doch alle bei der Transformation des Arbeitsmarktes für unser Land eine bessere Zukunft gemeinsam aufbauen.
Es gilt das gesprochene Wort.